Donnerstag, 10. Dezember 2015

Briefe erzählen Geschichten

Leider hat das Sammeln von Briefmarken heutzutage in Deutschland anders als in den meisten anderen Ländern so eine Art altväterlichen Ruf. Oft hört man, Briefmarken sammeln ja nur unsportliche und undynamische ältere Herren, Kauze oder sonst irgendwie Zurückgebliebene, um es noch gelinde auszudrücken. Bei Bewerbungsgesprächen sollte man das Hobby eher nicht erwähnen und auch der berüchtigte Spruch "Darf ich dir meine Briefmarkensammlung zeigen?" gilt ja als plumpe Anmache und trägt wenig Gutes für das Image des Briefmarkensammlers bei.
Das ist schade, denn die Philatelie ist ein wirklich schönes und lehrreiches Hobby.  Man kriegt dabei nicht nur viel von Geographie mit sondern auch viel von Geschichte und Kultur der jeweiligen Länder.
Daneben dient das Sammeln aber auch der Entspannung in einer von Hektik und Stress geplagten Welt. 


Briefmarken wie diese der ehemaligen Kolonie Belgisch Kongo zeigen viel von Geschichte und Kultur eines Landes
Da man als Briefmarkensammler in der Regel auch  mit Gleichgesinnten in Kontakt kommt, hat die Philatelie sicher auch eine soziale Komponente.

Jeder, der sich mit Briefmarken befasst, kommt zwangsläufig auch mit Briefen in Berührung.
Anders als Briefmarken sind Briefe Unikate, da ja jeder Brief von einem ganz bestimmten Absender zu einer bestimmten Zeit von einem betreffenden Ort zu einem ganz speziellen Adressaten an einem anderen Ort gesendet und dazu mit entsprechenden Marken frankiert wurde. Briefe erzählen Geschichten, selbst wenn nur noch das Kuvert und nicht mehr der Inhalt vorhanden ist.
Ich will das mal anhand einer eigenen kleinen Entdeckung erläutern.
In einer Kiste, für wenig Geld erworben, entdeckte ich eine Ganzsache, also eine Karte mit Wertaufdruck und dazu einen Briefumschlag mit Briefmarke.

Ganzsach von La Rochelle nach Tsingtao
Die Ganzsache wurde am 21.10.1904 von La Rochelle mit der Schiffspost nach Shanghai geschickt und kam dort nach einem guten Monat Seereise am 27.11.1904 an, wie ein Stempel der Französischen Auslandspost in Shanghai bestätigt. Die Auslandspost reichte die Karte an die Chinesische Post weiter, wie ein weiterer Stempels beweist. Diese schickte die Karte weiter nach Tsingtao, das heute ja wegen seinem Bier bekannt ist und früher zur Deutschen Kolonie Kiatschou gehörte. Der Postpraktikant Max Deutscher erhielt dann dort die Karte am 2.12.1904.

21 Jahre später im Jahr 1925 empfing die gleiche Person einen Brief aus China über die Britische Auslandspost in China. 

Brief von Shanghai nach Dresden
Mittlerweile lebte Max Deutscher in Dresden und war in der Karriereleiter als Telegraphendirektor offensichtlich aufgestiegen. Wohl schon lang in Deutschland zurück, pflegte er aber immer noch Kontakte nach China, wie der Brief beweist.

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